Die 700 - jährliche Jubelfeier der Stadt Riga im Jahre 1901. |
||
Abbildungen, Druckschriften,
Dokumente in den Beständen der Akademischen Bibliothek Lettlands. |
|
Die Akademische Bibliothek Lettlands, eine der ältesten Bibliotheken Europas, enstand vor mehr als 470 Jahren (1524) zur Zeit der Reformation. In den Beständen der Handschriften und seltenen Bücher, sowie in der Abteilung J.Misiòð werden wertvolle Materialien bewahrt, die einen allgemeinen Wert nicht nur im Kulturkontext Europas haben, sondern auch für die Geschichte der Stadt Riga von Bedeutung sind. Informationsreiche, seltene und visuell ausdrucksvolle Druckschriften, Dokumente, Abbildungen erzählen über die 700 - jährliche Jubiläumsfeier der Stadt Riga im Jahre 1901.
Im weiteren Text sind Fragmete aus den Originaltexten der damaligen Zeit ausgenutzt: aus dem Buch von M.Scherwinsky und der Rigaer deutschen Presse.
Dritte Juniwoche des Jahres 1901 in Riga stand voll und ganz unter dem Zeichen des Jubiläums der Stadt.
Stadthaupt George Armitstead schrieb am 11. Juni – „Mitbürger! .. glaubt die Stadtvervaltung auch dieses Mal, dass alle Gesellschaftskreise nach Kräften dazu beitragen werden, die Feier zu einer möglichst würdigen zu gestalten“.
Fahne mit dem Wappen der Stadt Riga | Rosette in Rigas - Farben |
Am Dienstag und Mittwoch (19. und 20. Juni) der Festwoche fanden 2 sehr gelungene Festvorstellungen im Stadttheater statt. Die Dichtung Baron Alexander v. Freytag – Loringhovens führte in trefflich informierender Weise den Hörer von Bild zu Bild. Eröffnet wurde der Abend durch eine weihevolle Ouverture zur “Euryanthe“ von C.M.V.Weber, der sich der szenische Prolog anschloss. Wunderschön waren die lebenden Bilder. Die Gründung Rigas - die Gestalt Andreas Knopken – Gustav II Adolf in Riga – der Herder – Hamann – Kreis in der Hartknochschen Buchhandlung – die Abträgung der Wälle und endlich die Apotheose der Stadt und der Faktoren ihres modernen Blühens.
Am Donnerstag, den 21. Juni Abends, fand in der Domkirche eine kirchliche Vorfeier statt, die dem Andenken des Gründers der Stadt und des Domes, des Bischofs Albert von Appeldern gewidmet war.
Den Gipfelpunkt der Festtage bildeten der 22. und 23. Juni.
Durch die festlich reich geschmückten Straßen wogte am 22. Juni schon früh Morgens die fröhlich angeregte Menge und strömte zu den weit geöffneten Pforten der Gotteshäuser, besonders zu den altherwürdigen Zeugen der Vergangenheit, deren Erbauungszeit fast mit dem ersten Geburtstage der Stadt zusammenfällt, dem Dom, der Petrikirche und Jacobikirche. Unter feierlichen Glockengelauten begann um 10 Uhr der erhebende Fest- und Dankgottesdienst. Von 12 bis 13 Uhr ertönten weit über die ganze Stadt die Turmmusik.
Lange vor Beginn des von der Stadt veranstalteten Wasserfestes hielt die freudig erregte Menge zu vielen Tausenden des Kais und Brücken Kopf an Kopf besetzt.
Einladung zu dem Feste auf der Düna am 23. Juni. | Panorama der Stadt Riga mit den Schiffen (Photo von E.Eggert). |
Viele hunderte reich beflagter und geschmückter Dampschiffe, Plaschkotts und Boote aller Art schaukelten in buntem Durcheinander auf den Wassern des breiten Stromes. Nach der Preisverteilung erhielten die bestdekorierten und bestilluminierten Fahrzeuge folgende Preise - den ersten Preis erhielt das Vikingerschiff der Korporation „Rubonia“ (nach dem Entwurff von E.Tode), den dritten Preis – das Plaschkott (siehe Rechnung) des Rigaer Lettischen Vereins.
Bald nach 8 Uhr begann die Korsofahrt der städtischen Dampfer, auf denen sich die Stadtverwaltung und die zahlreichen Gäste der Stadt befanden. Dieser Flotille folgten in langer Reihe die übrigen Schiffe. Orchestermusik und Gesang ertönte von allen Seiten. Nach Eintritt der Dunkelheit begann die Illumination. Die Eisenbahnbrücke und Phontonbrücke, das Seemannshaus, der Elevator, die lange Reihe der Gebäude am Dünaufer erglänzten in voller Beleuchtung. In farbig elektrischem Licht erstrahlte schon aus weiter Ferne, von der Zementfabrik her, in goldenen Ziffern, wie in Luft schwebend, die Zahl 700. Den Höhepunkt aber erreichte das Wasserfest, als die Pyrotechnik in ihr Recht trat und in der Nähe des Seemannshauses des Feuerwerk abgebrannt wurde.
Nach der Anordnung von G.Armitstead von 10. Juni, fand am 23. Juni ein Festmahl in den städtischen Armenanstalten statt, und von 4 – 8 Uhr spielte Militärmusik auf folgenden Plätzen – auf dem Jakobsplatz, auf dem Kojenholm, in der Nähe der Paulskirche, und in der Nähe des Hagenshofschen Marktes. Daselbst wurden Kletterstangen mit Erinnerungszeichnen an die Gedenkfeier aufgestellt und Dielen zum Tanz hergerichtet. (Rigaer Tageblatt, 10. Juni)
Am 23. Juni gab die Stadt und das Stadthaupt G.Armitstead ein Gartenfest im Schützengarten, zu dem ungefähr 2000 Einladungen erlassen waren. „Um 8 Uhr Abends begannen sich die Gäste im festlich dekorierten Garten einzufinden – die Herren im Frack, die zahlreich erschienenen Damen en grande toilette. Die von Herren Hlavacz vortrefflich dirigierte Kapelle der Gardemarine - Equipage ließ ihre lustigen Weisen ertönen (sie spielten „Baltischen Marsch“ von B.J.Hlavacz), es wurde Tee gereicht. In kleinen Zelten waren Erfrischungen serviert, auf der großen Veranda und im Stritzkyschen Pavillon zogen sich lange Tische mit kalten Gerichten hin. Die Zeit verging einem wie im Fluge“. (Rigaer Tageblatt, 26. Juni, Beil.)
Von weiteren festlichen Veranstaltungen zur Jubelfeier sind noch ein grossartiger Festcommers der Fraternitas Rigensis im Thorensberger Park, eine Jubiläums – Segelregatta, veranstaltet von Rigaer Yacht – Club, ein Jubiläumswettfahren des Radfahrer – Vereins Union, ein Jubiläums - Preisschiessen der Rigaschen Abteilung der kaiserlichen Jagdgesellschaft und ein Jubiläeums – Preisturnen des Rigaer Turn - Vereins zu erwähnen.
Anläßlich der Jubelfeier der Stadt Riga wurde am 11. Juni die erste elektrische Strassenbahnlinie in Riga geöffnet. Die elektrische Wagen sind besonders bequem und elegant von Russisch – Baltischen Waggon – Fabrik ausgestattet.
Die Stadtvervaltung beschloss, einen öffentlichen Garten in Kaiserwald zu gründen. Das Rigaer Lettische Verein möchtete eine neue lettische Gewerbeschule öffnen.
Die Jubiläumausstellung für Industrie und Gewerbe.
Plakat "Jubiläums - Ausstellung Riga 1901" von R.Zariòð: Postkarte | Rigaer Jubiläumsausstellung: Bekanntmachung |
Grabdenkmäler, Dampfanlagen, Zigarren, Klöppelspitzen, Waggonwagen, Lokomobile, Möbeln, Pianinos, ausgestöpfte Vögel, Feilen, Korken, Kunstschmiedarbeiten, Majolika – Öfen, Konserwen, Altar, Ketten, Bier, Porzellan, Parfümerie…
Das bedeutungsvollste und die weitesten Kreise Rigas berührende Jubiläums – Unternehmen aber bleibt doch die Ausstellung.
Das Gedanke, das 700 – jährige Bestehen der Stadt Riga durch eine Ausstellung für Industrie und Gewerbe im Jahre 1901 festlich zu begehen, wurde im Oktober 1898 auf einem Diskutierabend des Gewerbevereins von Ingenieur Floryjan v. Wyganowski in Anregung gebracht. Es versammelten sich am 28. April 1899 gegen 150 Industrielle, Fabrikanten und Gewerbetreibende im großen Saale des Gewerbe – Vereins, unter dem Vorsitz des Präses J. von Eckardt. Diese Versammlung beschloss, es solle in den Sommermonaten des Jahres 1901 eine 3 Monate währende Jubiläumsausstellung für Industrie und Gewerbe stattfinden, zu welcher Exponate baltischer Provenienz zuzulassen wären und die nötigen Geldmittel durch Garantiezeichnungen beschaffen werden sollten. Von dem Executivkomitee wurde Professor K.Lovis zum Präses erwählt. Zum Ehrenpräsident der Jubiläumsausstellung wurde der Finanzminister Staatssekretär S.Witte erwählt.
Das Preisgericht zur Beurteilung der eingelaufenen Konkurrenz – Projekte für die Bauten der Rigaer Jubiläumausstellung wurde am Februar 1900 abgeschlossen. Mit dem ersten Preis wurde das Projekt „1901“ von dem Architekten und Direktor der Gewerbeschule des Rigaer Gewerbevereins M.Scherwinsky ausgezeichnet.
Max Scherwinsky (1859 - 1909) Direktor der Gewerbeschule des Rigaer Gewerbevereins |
Auf dem bis dahin nicht bebauten Esplanadeplatz wurde für die Bedürfnisse des Ausstellung eine echte Jugendstilstadt mit Holzbauten gebaut.
Der Lageplan der Gebäude und Anlagen auf der Esplanade ist unter Mitwirkung des Stadgartendirektors Georg Kuphaldt entstanden. Es war hier auf dem Ausstellungsplatze gelungen, die notwendige Harmonie zwischen Garten und Architektur zu wahren.
Die Jubiläumausstellung war von 775 baltischen Gruppenausstellern beschickt worden, Riga allein repräsentierte 76,1 %.
Die große Industriehalle gewährt ein vielseitiges Bild der mechanischen und chemischen Grossindustrie und kleinerer Unternehmen, während die kleine Industriehalle die Produkte polygraphischer Gewerbe und die Ausstellung der Lehranstalten enthält. Die Maschinenindustrie bringt ihre hervorragenden Leistungen in Verbindung mit den Erzeugnissen der Elektrotechnik in der grossen Maschinenhalle zur Anschauung, landwirtschaftliche Maschinen befinden sich in der offenen Maschinenhalle. Die Leistungen des Baugewerbes und der Handwerker finden sich in der Bauhalle und die der gesamten Ausstellung zu besonderem Schmuck gereichenden Erzeugnisse der Kunstgärtnerei in der Gartenbauhalle und auf den verschiedenen Plätzen zwischen den Gebäuden.
Ausserdem sind noch 26 Privatpavillons, Restaurants und die Musikmuschel auf dem Platze.
Pavillon von A.G.Ruhtenberg: Postkarte |
Zur Ausschmückung des Ausstellungsterrains benutzte man Coniferen, Lorbeerpyramiden, Ilex, Gruppen aus Blüthenpflanzen wurden abschließend verkauft (Rigaer Tageblatt, 8. Aug). Später wurden sowie auch einige Ausstellungs – Pavillone zum Verkauf angeboten (z.B., der Pavillon von Ingenieur B.Herrmann und der Pavillon von der Bierbrauerei „Livonia Ilgezeem“.
Der hervorragend schöne Brunnen von Otto & Wassil wurde im Großen und Ganzen der Jubiläumsaustellung zur Zierde gereicht. Das Motiv der Komposition war: Riga als Zentrum für Handel, Industrie und Kunstgewerbe führt seine Produkte in die Welt hinaus, wozu der Genius der Wissenschaft mit seiner Leuchte den Weg weist.
Industriehalle. Brunnegruppe: Postkarte |
Zu den Bauten des Ausstellungs – Komitees gehört auch die Brücke zum Übergang von der Esplanade in den Schützengarten nach dem Entwurff von Prof. Wodsinski.
Die Haupt - Dekorations – Malerarbeiten lagen in den Händen des Malermeisters Nicolai Lebedeff und Firma „Kurau & Passil”.
Nr1 | Nr2 |
Atelier für Dekorationsmalerei N.Lebedeff: Prospekt |
„Schon der äußere Eindruck der Ausstellung, die Architektur der Bauten berührt angenehm durch den leichten, festlich improvisierten Charakter. Herr Direktor Scherwinsky hat es verstanden, sich mit seinem Takt von jener Pseudoarchitektur fern zu halten, die leider auf so vielen Ausstellungen spukt, und deren Tendez darauf gerichtet ist, unter Zuhilfenahme von allerlei Gipsklitsch den vergänglichen Holzbauten das Aussehen einer für die Ewigkeit bestimmten Steinarchitektur zu verleihen. Besonders wohltuhend wirken in Riga die leichte Konstruktion der Hauptkuppel, die lustigen seitlichen Aufbauten.
Die Ausstellung zeigt überhaupt ein siegreiches Vordringen des sogennaten modernen Stiles auf der ganzen Linie. Gänzlich wird er nur noch von wenigen Kunstgewerbetreibenden ignoriert.
Interessant ist es, die Fortschritte des modernen Stiles an den Vitrinen zu verfolgen (die Vitrinen von A.Lyra, A.Brieger, J.W.Mündel), die dem Geschmacke der Wiener Sezesionisten sich anlehnen“. (Rigaer Tageblatt, 27. Juni, Beil.)
Die Hauptlinien der Architektur waren am Ehrenhof reich mit 1250 Glühlampen besetzt, die Kuppel mit 175 Bogenlampen und 2 Scheinwerfern ausgestattet, sowie die Allee und der Haupteingang reich mit farbigen Glühlampen geschmückt. Diese zahlreichen Beleuchtungskörper im Verein mit der Fontaine lumineuse in dem Bassin des Monumentalbrunnens, ergeben eine Prachtvolle Wirkung und bot der Ausstellung an den Beleuchtungsabenden ein zauberhaftes Bild, das jedes Mal im Verein mit den herrlichen Darbietungen der Schneevoigtschen Kapelle Tausende von Besuchern anzog. Von Rigensern und Angereisten besonders beliebt geworden sind die Beleuchtigungsfeste auf der Jubiläumsausstellung, die von 8 – 10 Uhr Abends (anfangs einmal, später 3 Mal in der Woche) stattfinden. Am 17. Juni schrieb das “Rigaer Tageblatt“ entzückt über die Prächtigkeit der elektrischen Beleuchtung während des ersten Beleuchtigungfestes: „am Abend werden, neben der vollen elektrischen Beleuchtigung die Fontainen und Alleen in herrlicher Farbenpracht strahlen, während ein Elitekonzert von Schneevoigt das Publikum erfreuen wird“ (Rigaer Tageblatt, 17. Juni, Beil.).
„Am Mittwoch und Donnerstag – Abend bot sich auf der Esplanade ein märchenhaftes Bild. Von der hohen Ausstellungs – Kupel tauchte der Scheinwerfer den Platz in ein Meer von Licht, aus dem sich wundervollen Garten – Anlagen wie smaragdgrüne Insel hervorhoben, die Fontaine (lumineuse) erstrahlte in wechselndem Farbenspiel, elektrische Lampions glühten in den Allen und hoben die Konturen der Bäume und der Gebäude, in glänzenden Lichtlinien ab. So etwas hat Riga noch nicht zu sehen bekommen“. (Rigaer Tageblatt, 18. Aug.).
Die Ausführung der elektrischen Beleuchtigungsanlagen (der Beleuchtungs- und Kraftzentrale) übernahm die russische Elektrizitätsgesellschaft „Union“.
Ausstellungsgegenstände. Ehrenpreise.
Nr1 | Nr2 |
Ansicht der Niederlage der Zigarren -, Tabak und Papyrosfabrik Mündel & Co: Preisliste |
Nr1 | Nr2 | Nr3 |
Zigarren - Tabak -u. Papyrosfabrik von A.G.Ruhtenberg (am Ecke von Antonienstr. und Mühlenstr.): Preisliste |
Die gesammte Ausstellung ist einer Beurteilung unterzogen worden durch 258 Experte in 16 Gruppen: Nahrungs - und Genußmittelgewerbe, Textil- und Bekleidungsindustrie, Lederindustrie, Baugewerbe und Hauseinrichtungswesen, Keramische Industrie, Holz-, Stroh- und Kurzwarenindustrie, Metallindustrie, Feinmechanik, Maschinenbauwesen und Elektrotechnik, Feuerlöschwesen, Chemische Industrie, Papierindustrie und Polygraphisches Gewerbe, Kunstgewerbe, Unterrichtswesen für Gewerbe und Handel, Gartenbau, Literatur.
Für die Auszeichnung standen zur Disposition Medaillen des Ausstellungskomitees nach dem Entwurf von C.Stark (Riga – Berlin) ): 72 goldene, 150 silberne, 105 bronzene, Mitarbeiter- Diplome (nach dem Entwurf von Litograph A.Standke) und auch Annerkennungs – Schreiben. Noch wurden 29 Ehrenpreise, gestiftet von verschiedenen Institutionen und Staastmedaillen - 10 goldene, 25 silberne, 36 bronzene, ertheilt.
|
Die Ehrenpreise der Jubiläumsausstellung gelangen im Schaufenster der Firma A.Lyra (und nachdem - im Representationssaal der Bauhalle) zur Ausstellung.
Einige Aussagen der Augenzeugen aus der Tagespresse:
„Eine schöne Kollektivausstellung von Kachelöfen und Kaminen bringen Zelm und Böhm. Die Firma wird jedem Geschmack gerecht. Wir finden Öfen vom derben Renaissancestil bis zum zartesten Rococo und auch der moderne Stil und Delfter Art fehlen nicht“.
Ofen - Kacheln und Gyps - Fabrik "Zelm & Böhm": Bekanntmachung |
„In die Augen fallender holzgeschnizter Altar von J.Braun wurde schon einer katholischen Gemeinde in Samara von 4500 Rubel verkauft. Mit Wohlgefallen läßt man den Blick hier bald über schön geschnitzte Mastwerke, Krabben und Säulen“.
„Das umfangreiche Werk des Tischlermeisters S.Kirstein betrachten wir mit getheilten Empfindungen. Wir wussten im ersten Augenblicke nicht, um was es sich handelt – und riethen auf eine Kirchenorgel oder ein Bahnhofsbuffet. Das ist ein geschnitzter Bibliotheksschrank , bestehend aus mehreren auf – und nebeneinander liegenden Schränken, er birgt in sich 3 Treppen, 2 Stühle, einige Tischplatten und 2 Durchgangsthüren. Der Schrank ist mehr ein Kunststück als ein Kunstwerk und wird Curiositätensammlern mehr gefallen als Kunstfreunden. S.Kirstein arbeitete bei diesem Schrank schon 18 Jahre lang. Es kostet 20000 Rubel“. (Rigaer Tageblatt, 28. Juni, Beil.)
„Unter den Pianos zeigen die von J.Tresselt ansprechende Formen. Der im Empirestil gehaltene Flügel derselben Firma entspricht dem heutigen Geschmacke vieler Franzosen, die entweder an Empirstil festhalten oder das Pflanzenornament in modernem Sinne, aber nach unserem Geschmacke zu realistisch verwenden“. (Rigaer Tageblatt, 27. Juni, Beil.)
„Seifen und Parfümerien in hübschen Verpackungen von H.A.Brieger - "Flora Violetta", "Rose de la France", "Mayflovers" (bestehend von Toilettenseife, Eau de Cologne, Extrait d’ Odeur, Poudre de Riz, Sachets) sind zum Geschenk besonders geeignet und nach Sorten und Preislagen nett arrangiert“. (Rigaer Tageblatt, 6. Jul., Beil.)
“Die Gartenbauhalle bietet durch eine Separat – Gartenbauausstellung ein neues Bild und zugleich eine Hauptatraktion für das Publikum, das dem schönen Arrangement ein Lautes Lob zollt. Wilhelm Rasch in Majorenhof zeichnet sich durch ein sehr schönes Arrangement auf. Daneben eine Kollektion von nahezu 40 Orchideen, die aus Samen gezogen worden. Stadtgärtner G.Kuphaldt hat kleine Weinstöcke in Töpfen ausgestellt. Die reichen grünen und blauen Trauben erschienen volkommen reif. (Düna Zeitung, 28. Aug.)
Für die Visuelle Werbung haben sowohl die Organisatoren als auch die Teilnehmer besorgt.
Das Preisgericht beschloss einen Entwurf mit der Devise „Rîga dimd!“ von R.Zariòð (Sarrin) – posaunentragenden Engel – als Plakat der Jubiläumsausstellung zur Ausführung durch die Firma Deutsch (Inhaber Grosset) bringen zu lassen. Der Vertrieb von Ausstellungsplakaten auf den Bahnhöfen war kostenlos. Die hübsch ausgeführten Jubiläums - Marken mit dergleichem Motiv erschienen im Verlage von Ernst Plates. Die Ausstellungs - Bekanntmachungen wurden mit dem Motiv von R.Zariòð ergänzt.
Plakat "Jubiläums - Ausstellung Riga 1901" von R.Zariòð: Postkarte |
Verkehrsbücher zur kostenfreien Mitnahme (mit dem Stadtplan und dem Situationsplan der Jubiläumsausstellung) wurden von J.A.Freijs und A. von Grothuss herausgegeben. Die Ausstellungs - Kataloge konnte man bei Eintritt oder im Austellungspressebureau kostenfrei bekommen.
Eine Sammlung von seltenen, wenig bekannten Materialien sind anläßlich der Jubiläumsausstellung und Rigafeier herausgegebene Prospekte, Kataloge und Preislisten, sowie Bekanntmachungen und Restaurants – Speisekarten, die mit hübschen Abbildungen vervollständigt sind.
Menu | |
Rigafeier in der "Deutschen Gesellschaft zu St.Petersburg: Speisekarte |
Die Jubiläumsausstellung un Rigafeier regte den Souvenirshersteller und Handwerker zu der Anfertigung und Verbreitung der verschiedenen Andenken an.
Anläßlich der Jubiläumsfeier liessen Tabak-, Zigarren- und Papyrosfabrikanten A.G.Ruhtenberg, L.Wissor, A.S.Maikapar und Mündel & Co „Jubiläums – Cigarren“, „Ausstellungs – Papyrosen“, Papyrosen „Albert“, „Riga 1201 – 1901“ aus, aber L.Görber bietete „Jubiläums – Kravattes“ an.
Reklam der Jubiläums - Papyrosen „Riga" von A.S.Maikapar |
O.Grünwaldt & Co empfiehlt zur Dekoration der Jubiläumsfeier Illuminations – Laternen.
„Englisches Magazin J.Redlich“ empfielt verschiedene Rigaer Jubiläums - Andenken: Bischof Albert in Silberoxyd, Gyps und Zinkguss, modelliert vom Bildhauer Bernewitz, Bischoff Albert, Walter von Plettenberg und Roland als Brieföffner und Schreibgarnitur, Roland – Flaschkorken (Silberoxyd), Moccalöffel mit Stadtwappen, versilbert,ausserdem noch– Zinnbecher und Taschenmesser mit Wappen von Riga, sowie Toiletteschalen, Aschenbecher, Bonbonnieren mit Ansichten von Riga.
Einige Händler bieteten Briefpapier und Papierservietten mit Ansichten von Riga und Bekanntmachungen der Jubiläumsausstellung an.
Schokoladenfabrik Th.Riegert bietete Jubiläums – Schokolade und Karamellen an, aber im Magazin von G.H.Schmidt konnte man silberne Jubiläums - Jetons „mit der Nachbildung des Bernewitz‘schen Bischof Albert – Standbildes im Domhoffe mit Lorbeerzweigen mit je sieben Blättern eingefaßt“ a‘ 50 Kop., vergoldete a‘ 65 Kop. kaufen. Die Gedenkmünzen und Medaillen sind besonders wertvolle Andenken. Medaillen auch als Jeton mit der Ansicht von Riga und der Industriehalle wurden auf der Ausstellung verkauft. Klichees (Galvanos) der Medaille der Rigaer Jubiläumsausstellung 1901 sind vorrätig und käuflich zu haben in der Expedition des „Rigaer Tageblatts“und später – in der Müllerschen Buchdruckerei.
Die Stadverwaltung beschloss, daß auf Kosten der Stadt Riga eine Erinnerungsmedaille an das siebenhundertjährige Bestehen der Stadt geschlagen werde. Die Anregung zur Prägung der Erinnerungsmedaille war von Anton Buchholtz ausgegangen. Die Zeichnung für die Jubiläums – Erinnerungsmedaille Rigas ist von Berlinschen Künstler Bruno Kruse ausgeführt. Eine silberne Medaille kostete 12 ½ Mark, eine bronzene – 4 Mark. „Riga rigat gentes“, ein Zitat aus der Chronik Heinrichs von Letten - war die vom Direktor der Stadtbibliothek N.Busch empfielte Devise der Erinnerungsmedaille.
Gedenksmedaille von B.Kruse (Berlin) | Gedenksmedaille von B.Kruse (Berlin) |
Dem Ehrenpräsident der Ausstellung, Finanzminister, Staatssekretär S.Witte wurde von dem Executiv – Komitee und den Ausstellern ein Album als eine bleibende Erinnerung an die Ausstellung überreicht.
Von M.Scherwinsky wurde ein Erinnerungsbuch “Die Rigaer Jubiläums – Ausstellung in Bild und Wort“ (Riga, 1902) herausgegeben. Das reich illustrierte Buch erzählte über die Einrichtung der Ausstellung, über die Gebäude und Exponate der Jubiläumsausstellung, sowie betrachtete das Budget der Ausstellung näher.
Budget.
Das allgemeine Budget der Ausstellung veranschlagte die Gesammteinnahme mit ca 170 000 Rbl., die Ausgaben mit 328 738 Rbl., das Defizit (siehe Schreiben des Executiv - Komitees) 76 600 Rbl. betrug. Von der Gesamtsumme der von 253 Garanten gewährleisteten Summe von 150 800 Rbl. kamen nachstehende Zahlungen, auch von der Stadt Riga 15 000 Rbl., von dem Rigaer Börsenkomitee 10 000 Rbl., Rigaer Lettischen Verein (siehe Quittung) und noch 130 Garanten zahlten unter 500 Rubeln ein.
Für Bauten, Gartenanlagen und Beleuchtungszweke wurden verausgabt 211 704 Rbl., für Musik - 28 863 Rbl., für Medaillen und Diplome - 4 400 Rbl.
Die Nettoeinnahmen für den Billetverkauf ertrugen 170 732 Rbl. Der Eintrittspreis vom 9. Juni war für die Ausstellung am Tage wie für Abendskonzerte 50 Kopeken, für „Alt – Riga“ 25 Kop., für Vogelwiese – 10 Kop. Vom Ausstellungskomitee wurden auch die Ausstellers -Freikarten und Passepartouts überreicht.
Das Ausstellungskomitee beschloss, für die letzten Sonntage der Ausstellungszeit Arbeiter – Billete zum ermäßigten Preis von 15 Kop. zur Verfügung zu stellen. (Rigaer Tageblatt, 5. Aug.) Am 17. August konnten die Zöglinge die Esplanade kostenfrei besuchen.
Für den Stammgästen wurden die Passepartouts (z.B., von 1.Juli bis 31. August) von 12 Rbl. ausgereicht.
Die Gesamtziffer aller Besucher der Ausstellung belief sich auf 806 898. Die Ausstellungs - Gebäude blieben bis 8 Uhr Abends geöffnet.
Bei dem Wohnungsvermittelungsbureau wurden zur Vermietung anfangs Juni ca 1000 Wohnungen angemeldet.
Sonntag, den 2. September, spät Abends nach Schluss des letzten Konzertes der Schneevoigtschen Kapelle wurde die Ausstellung mit einer kurzen Ansprache von C.Lovis und einem Rundgang durch die Garten mit Musikbegleitung geschlossen.
„Die Enthusiasten stiegen auf Tische und Stühle, die Rufe „Auf Wiedersehen!“ wollten kein Ende nehmen“ (Rigaer Tageblatt, 4. Sept., Beil.).
„Alt – Riga“.
„Ein Stück aus der Vergangenheit, ein Symbol des Werdens und Wachsens Alt – Rigas… Wer einmal hier ein paar trauliche Stunden im Kreise befreundeter Genossen bei Liedergesang und Becherklang gesessen, dem wird sich „Alt – Riga“ für immer ins Herz gegraben haben“. (Düna Zeitung, 3. Sept., Beil.)
Zur Ausarbeitung eines kulturhistorisch interessanten Annexes der Ausstellung – “Alt - Riga“ und eines Volksvergnügungsplatzes - der sogenannten Vogelwiese wurde eine Kommission bestehend aus Dr.Phil. Wilhelm Neumann, Architekt August Reinberg und Kunstmaler Ernst Tode erwählt, welche die Darstellung des alten Marktplatzes in Riga nebst einigen daranstossenden Strassen auf dem Platze des ehemaligen Gemüsegartens des Schützvereins beschloss. Auf Grund der von W.Neumann gelieferten historischen Daten und Aquarellskizzen von den Gebäuden am Marktplatz und vom Schaalturm arbeitete Architekt Reinberg nach Motiven alter Rigaschen Architekturen den Bebauungsplan für „Alt – Riga“ aus. Der leitende Grundgedanke war, das alte Riga aus dem ersten Viertel des 17. Jh. zur Darstellung zu bringen. Als Hauptquellen wurden von W.Neumann und A.Reinberg die von N.Mollin im Jahre 1612 gedruckte Gravure „Prospect der Stadt Riga. Anno 1612”, alte Plänen der Stadt Riga und die Rigaer Ansichten von J.Chr.Brotzes „Monumente...” benutzt.
W.Neumann. "Alt - Riga": Häusergruppe an der Nordwestseite des Marktes: Aquarell | "Alt - Riga". Situationsplan von W.Neumann: Aquarell |
Der Haupteingang war von der Dünaseite her (die hier durch den Stadtkanal markiert wurde), am Ende dieses Weges erhob sich die Schalpforte und der Schalturm, weiter führte die Schalstraße mit steinernen und Fachwerkbauten, weithin durch die Straße erblickte man den Bau des rekonstruierten Renaissance - Rathauses und den Marktplatz . Dem Rathause gegenüber erhob sich das Haus der Schwarzenhäupter, jedoch noch in seinen alten gotischen Formen, das Zeughaus, die Stadwaage, der Kak. Vom Marktplatz gingen die Kalkstraße und Herrenstraße aus. Am Ende der Kalkstraße erhob sich das Kalkturm und das Georgturm. Beim Verlassen des “Alt – Riga” durch die Kalkpforte betrat man über eine Zügbrücke einen durch Palissaden mit Drehtor begrenzten Vorplatz.
Die Ausführung des Baues wurde der Firma F.W.Hopfe übergeben. Die Malereien an den Wänden und Gewölben der Ratskeller - Restauration wurden von Firma R.Peterson (Inhaber E.Tode) ausgeführt. „Die Kunstecke“ oder die “Lucas Gilde“ am Herrenstraße wurde von den Künstlern des Rigaer Kunstvereines ausgestattet.
„Bezüglich der Konstruktion sei bemerkt, dass alle Wände aus gewöhnlichen Grerüstholzen hergestellt wurden. Die untere Etage der Häuser wurde zu Budenlokalen eingerichtet, deren Wände von aussen 10 Fuss (3 m) hoch mit Brettern zum Pergelputz bekleidet wurden. Der obere Teil der Wände wurde einfach belattet und darüber mit einem Pergelgeflecht benagelt, das mit Stroh durchflochten war. Die Imitation der Ziegelwände gelang sehr gut durch Hineinkratzen der Fugen in die rotgestrichene Putzflächen. Die Fugen des Bruchsteinmauerwerks wurden durch daraufgestrichene Mörtel imitirt“. (Reinberg A. Alt - Riga auf der Jubilaeums- Ausstellung 1901 // Rigaer Tageblatt, 27. Juni, Beil.).
Der Budgetsvoranschlag für „Alt – Riga” betrug einen Reineintrag von 27 000 Rbl.
Der Künstlerkreis des Rigaer Kunsvereines, das Damenkomitee und Frau Stadthaupt Armitstead veranstalteten am 27. Juni das „Historisches Kostümfest“. Die Einladungskarte „Inlatbreef to de gasteerie in Old – Riga“ bittete zu Gast entschprechend kostümierte Personen in der „Alt - Riga“. Die Photographien widergeben die schönsten Blicke aus dem Kostümfest in „Alt – Riga“: ein Livenhäuptling und in Nationaltracht gekleidete Lettin, Damen in Renaissancekostümen, Herren aus dem Empire, der Festzug im Marktplatz, die Fahrt des Vikingschiffes.
"Inlat-breef to de gasterie in Old Riga": Einladung | „Alt - Riga". Kostümfest. Damen und Herren in Rococco - und Empire -Kostüm in der Kalkstrasse |
Die Bekanntmachungen bestätigen, daß am Beischlag der Shwärzhäupterhauses belegene „Grüne Bude“ des chemischen Laboratoriums Th.Busch völlig den Charakter einer mittelalterlichen Quacksalberei trug. In dem „Hartknoch‘schen Buchladen“, das von der N.Kymmelschen Buchhandlung eingerichtet wurde, wurde eine Ausstellung von alten Rigaschen Drucken veranstaltet.
Musik.
Sammlung der Konzertprogrammen, Libretti, Notenausgaben und Notenhandschriften machen mit der Musik, die während der Festveranstaltungen und Gottesdiensten in Kirchen, im Stadttheater, in Parks und auf dem Ausstellungsplatz erklungen ist, bekannt.
Am 22. Juni ertönten von 12 bis 13 Uhr weit über die ganze Stadt vom Dom und Petriturm herab in mächtigen Posaunentönen die herrlichen Melodien, dreizehn der schönsten Choräle. Eine seltener Notenhandschrift „Riga. Jubilaeum 1901. Thurmmusik“ macht mit den 13 Partituren für Bläserorchester bekannt und bestätigt, daß damals als erster der Choral „Erschienen ist der herrlich Tag“ gespielt wurde.
Es wurden engagiert von der Stadtvervaltung: ein aus 46 Mitgliedern des Orchesters der philarmonischen Gesellschaft zu Helsingfors (Helsinki) bestehendes Streichmusikorchester unter der Leitung des Georg Schneevoigt, das Musikcorps der Gardemarine – Equipage unter der Leitung des Prof. B.J.Hlavacz (bis zum 25. Juli als diese durch die Kapelle des 178. Infanterie – Regiments aus Wenden (Cçsis) unter der Leitung von K.N.Maximow) und das Militärorchester des Isborskschen Infanterie – Regiments unter der Leitung des Kapellmeister M.Cielewicz.
Die Musik spielte auf dem Ausstellungsplatz im Pavillon vor der großen Industriehalle: von 12 - 1 Uhr Orchester der Gardemarine - Equipage und von 4 – 5. 30 Uhr Militärorchester unter der Leitung des Kapellmeister Cielewicz, im Hauptrestaurant von 1- 2 Uhr und im Restaurant von 8 – 8. 30 Uhr Abends Helsingforser Symphonieorchester unter der Leitung von Georg Schneevoigt. “Der Dirigent G.Schneevoigt und seine trefflichen Künstler haben sich durch ihr Talent und ihren Fleiß in kurzer Zeit eine glänzende Position errungen. Wir sind stolz darauf, einen so vorzüglichen Dirigent in unserer Stadt zu haben“ (Rigaer Tageblatt, 8. Aug.). Das am 9. August stattgefundene Wahlkonzert hat demnach wahre Perlen der Musikliteratur aufgewiesen und für den hohen Kunstsinn des Rigaschen Publikums ein glänzendes Zeugniß abgegeben.
“Noch nur die Elite - Konzerte (insgesamt 13 )am Dienstag und Donnerstag – Abende, an denen besondere Programme – einmal am 5. Juni - R.Wagner, das andere Mal französische Meister (am 26. Juli – norwegische, schwedische und dänische Komponisten, dann am 31.Juli – „Sinfonie fantastique“ von H.Berlioz, und am 2. August - finnische Komponisten, noch ein anderes Mal deutsche, auch russische und baltische Komponisten)– zu Gehör gebracht werden, sondern auch die andern Abende gewähren vollendeten Genuß, der bloss für 25 Kop. geboten wird“. (Rigaer Tageblatt, 21. Juli, Beil.).
Das Publikum wurde “dringend ersucht, bei der Aufführung der Berliozschen „Sinfonie fantastique“, welche die höchsten Anforderungen an das Orchester stellt, die große Ruhe und Aufmerksamkeit zu beobachten“ (Rigaer Tageblatt, 31. Juli).
Zu den Kammermusikabenden am 8. und 10. August hatten Sigrid Sundgren – Schneevoigt und G.Schneevoigt zusammengetan.
In der Domkirche am 24 Juli fand ein geistliches Konzert des Hoforganisten B.J.Hlavacz unter Mitwirkung des Orchesters der Gardemarine - Equipage statt.
Nicht selten traten die Gastkünstler auf: in dem Elitekonzert des Helsingforser Orchesters am 14. August spielte die bekannte Violoncello – Virtuosin Eugenie Stolz aus Berlin. Einer der beliebtesten Wiener Musik - Komikern, Josef Steidler, trat Anfang Juni in „Venedig in Riga“ auf.
Madame Verera, die italienische Nachtigall, das größte Stimmen - Phänomen der Welt, sang vom 10. bis zum 20. August in „Venedig in Riga“. “Sie könne den denkbar höchsten Sopran Glockenrein singen“ (Rigaer Tageblatt, 9. Aug.)
Von Publikum sehr beliebt wurde „Baltischer Marsch“ von B.J.Hlavacz, das zum erstenmal am 13. Juni unter der Leitung vom Komponisten gespielt wurde.
Die „Baltische Festouvertüre“ von Fr.Strobel aus Reval, die am 22. Juni gespielt wurde und einen allgemeinen lebhaften Beifall fand, wurde am 20. Juli unter der persönlichen Leitung des Komponisten wiederholt. (Rigaer Tageblatt, 17. Juli).
Anläßlich des Jubelfestes der Stadt Riga wurden einige Marsche und Walzer komponiert und vorwiegend in Leipzig herausgegeben (Scheele P. „Alt- und Neu- Riga: Jubiläums Walzer“, Frohmuth E. „Jubiläums Klänge“, Römer P. „Ausstellungs Marsch“. Diese prächtig ausgestattete Notenausgabe konnte man im Musikalien - Magazin von K.Faber kaufen.
Nr1 | Nr2 | Nr3 |
Jubiläums -Walzer und Jubiläums - Marsche (komponiert von J.G.Assur, E.Frohmuth, P.Römer, P.Scheele) |
Im Schützengarten spielte von 7. 30 - 12 Uhr Abends Orchester der Gardemarine - Equipage, und auf der Vogelviese von 7 – 12 Uhr Abends – das Militär - Orchester. Oft sangen die Chorsänger der Rigaer „Liedertafel“ in „Alt – Riga“.
Die Musik - Kommission des Rigaer Lettischen Vereins veranstaltete das I. lettischen Chor – Konzert, an dem 12 Sängerhöre mit insgesamt 650 Sängern mitwirkten. Es fand am 1. Juli auf dem Velodrom (Ecke der Nikolai und Ritterstrasse) statt. Das Programmm bestehte fast ausschließlich aus Werken lettischen Komponisten J.Vîtols, Jurjânu Andrejs, Baumaòu Kârlis. Der Chefdirigent war Jçkabs Ozols (1863 –1902).
Veranstaltungen.
Ritterhaus, Stadtgymnasium un Basteibrücke (Riga und Umgegend in Wort und Bild. Hrsg. von J.Deubner) |
Einladungen, Eintrittskarten, Speisekarten und andere Kleinigkeiten, die oft vernichtet werden, sind eindrucksvoll gestaltet. Diese Materialien erzählen über die Mannigfaltigkeit der festlichen Veranstaltungen: die Korporation „Fraternitas Rigensis“ veranstaltete einen grosartigen Festcommers im Thorensberger Stadtpark, an welchem ca 1000 Gäste beteiligten, Stadthaupt G.Armitstead lud zu einem Gartenfest und zu dem Feste auf der Düna, sowie zu einem Bierabend in „Alt – Riga“ ein.
Nr1 | Nr2 |
Festcommers der "Fraternitas Rigensis" im Thorensberger Stadtpark am 25. Juni: Einladung |
Als Volksbelustigungsplatz wurden die Grundstücke zwischen dem Pouschkinboulevard (jetzt A.Kronvaldstr.) und dem Stadkanal bewilligt.
Für die Vogelwiese war eine Reihe von Vergnügungsunternehmungen in Aussicht genommen, die sowohl dem Geschmack des verwöhnteren Publikums als auch dem der unbemittelten Volksklasse Rechnung zu tragen bestimmt waren
Venedig in Riga mit Imitationen der Straßen und Kanäle der Lagunenstadt, Serenaden – Gesangsgesellschaften, Gondelfarten, Blumenhandel, verschiedenen Schaukeln, Caroussels und Schaustellungen sowie Verkaufsladen und Panoramen.
Alle, die dem tapfere Buren sympatisierten, konnten “Das Burenpanorama auf der Vogelwiese mit den wichtigsten Episoden aus dem Anglo – Transvaalkriege naturgetreu in Lebensgröße gemalt“ beobachten. “Hier sind die Buren, die uns in ihrem Heldenkampfe in einem großen Rundgemälde vorgeführt werden. Kunst und Wirklichkeit berühren sich hier, um die täuschende Ähnlichkeiten der Schlachtfelder eines Panzerzuges, des Burenhinterhaltes darzustellen. So sehen wir derartiges Rundgemälde doch zum ersten Male in Riga“. (Düna Zeitung, 8. Juni, Beil.)
Bemerkenswert ist, daß der Burenkommandant Joost aus Pretory am 16. Juli mit der Vorlesung in der Großen Gilde auftrat.
Dem ergreifenden Panorama gegenüber entwickelt sich ein wirklicher Kampf, in dem mit betäubendem Waffengeklirr und furchtbarem Gebrüll die wilden Weiber aus Dahomey stürzen. Das war ein Dahomey – Negerdorff und Vorstellungen einer “afrikanischen Negerkarawane“ oder Amazonen - Truppes aus Dahomey (Whydah, Westküste Afrikas) unter der Leitung von Hamburgscher Impressario A.Urbach „Eine Nacht in Dahomey“.
Heiliger Kriegstanz der Fetischanbeter, Schwertertanz, Gefecht der Krieger mit Säbeln, Krieg zwischen zwei feindlichen Korps… „Wilde Tanze bei entsetzlicher Musik werden aufgeführt, die schwarzen Augen leuchten wie brennende Kerzen, und die gefletschten weißen Zähne heben sich blendend von den schwarzen Zügen ab“. (Düna Zeitung, 8. Juni, Beil.)
Im Juli im Circus C.Momino trat der Weltchampion Georg Lurich (24 Jahre alt, genannt Simson des XX. Jahrhunderts) auf. Brilliante Vorstellungen!
Der ernsthafte Besucher konnte die historische Schiffahrts – Ausstellung und die Ausstellung von Werken baltischer Künstler aller Zeiten beschauen. Die retrospektive Kunstausstellung dauerte 54 Tage und wurde leider sehr schwach - nur von 4200 Personen besucht!
In der Großen Gilde fand die Ausstellung von W.W.Wereschtschagin mit großem Erfolg statt, ebenso die IX. allgemeine Geflügel – Ausstellung des Rigaer Geflügelzucht – Vereines wurde sehr beliebt.
Photographien. Abbildungen.
Das Jubiläumsfeier Rigas hat sowohl Photographer als auch Verleger zur regen Arbeit bewogen.
Eine neue Serie von Postkarten der einzelnen Gebäude und Pavillons der Jubiläumsausstellung war der Photographischen Anstalt von C.Schulz gelungen. C.Schulz hatte das alleinige Recht zu Aufnahmen auf dem Ausstellungsplatze sowie des Vertriebs von Abbildungen und Postkarten erworben.
“An alle Balten und Baltenfreunde! Das beste vornehmste und bleibende Andenken an das Jubiläumsjahr Rigas ist das Album von W.Bonitz „Zur 700 - jährlichen Jubiläums – Feier der Stadt Riga 1201 – 1901“, enthaltend 45 Kunstblätter” – so machte der Herausgeber und Photograph selbst die Reklame für sein Album. Mehrere reich illustrierte Führer durch Riga und seine Umgebung und Jubiläumsausstellung wurden von C.Schulz, J.Döbner, Jonck und Poliewsky, H.Schnackenburg, J.A.Freijs, E.Plates herausgegeben, sowie Panoramen der Stadt Riga und das Briefpapier mit Ansichten von Riga.
Ansichtskarten (Verlag von C.Schulz) | Ansichtskarten (Verlag von W.Bonitz) | Riga und Umgegend in Wort und Bild. Hrsg. von J.Deubner |
Den Bitten einiger Kollegen enschprechend, hat Architekt A.Reinberg Kopien seiner Skizzen (16 Blätter) für „Alt – Riga“ in 200 Exemplären auf photogrpahischem Wege verfielfältigen lassen.
Presse.
Die Tagepresse schrieb oft und erschöpfend über die Jubiläumsfeier und die Jubiläumsausstellung. Auf dieser Weise wurde die Veranstaltungenchronik der Augenzeugen und Teilnehmer gebildet. Eine Reihe von Artikeln im Zeitungen, wie z. B. im „Rigaer Tageblatt“ „Was Frauen auf der Jubiläums Ausstellung sehen“,in der „Düna Zeitung“ – „Von der Jubiläums – Ausstellung“ (in 42 Fortsetzungen), „Speziellberichte von der Jubiläums – Ausstellung“ (in 35 Fortsetzungen) und viele thematische Artikeln im jeder Zeitungsnummer widerspiegelten die Mannigfältigkeiten in der Jubiläumsausstellung.
Die hiesige lettische Presse verhält sich zur Jubiläumsfeier Rigas durchaus subjektiv, fast jedes der Blätter vertritt dabei seinen eigenen Standpunkt und von einer Einheitlichkeit der Stellungsnahmen kann auch nicht im Entferntesten die Rede sein. Die „Dienas Lapa“ und „Mâjas Viesis“haben die sowohl die Ausstellung als auch die Jubelfeier in ausführlicher, vom Geiste aufrichtiger Anteilnahme in ihrer Artikeln besprochen. Viel zurückhaltender ist schon „Baltijas Vçstnesis“, der seine Stellung präzisiert, daß zwar das Jubiläum Rigas von den Letten gefeiert werden soll, aber getrennt von den Deutschen.
“Was wir für Riga thun, thun wir uns selbst. Die Erfolge der Ausstellung werden für allgemeiner Bedeutung für Riga sein, daher ist deren Förderung auch unsere Pflicht“ (Düna Zeitung, 4. Juni).
Die Jubiläumstage sind verrauscht, die Ausstellung ist bis auf letzten Spahn längst verschwunden, an der Stelle von „Alt – Riga“ und Vogelwiese wächst wieder Gras. Die Esplanade ist jedoch nicht wieder zur Sandwuste geworden – hier grünt und blüht der damals von G.Kuphaldt eingrichtete und bisher noch gut gepflegte Park.
Nur der klassisch ausgeführter Pavillon von Chr.Kergalw – Geschenk des lettischen Maurermeisters der Stadt Riga ist noch im Schützengarten neben mit dem Kongrespalast zu sehen.
Bücher und Zeitschriften, Photographien, Ansichtskarten, Jubiläums - Andenken bewahren und bestätigen jetzt das weite Ausmaß und Prunk des 700 - jährlichen Jubelfestes der Stadt Riga.
Das 750 - jährliche Jubiläum feierte das sowjetische Riga - jüngste Schwester Moskaus und ihre Werktätigen im Jahre 1951.